Vulkanisches Rotorua und Tangariro Nationalpark
Amerikanische KollegInnen haben mich mitgenommen zu einem 3-taegigen Ausflug in vulkanisches Gebiet, nach Rotorua und in den Tongariro Nationalpark auf der Nordinsel, beides unglaubliche Erlebnisse. Ich habe ja schon ein paar Bilder aus der Digitalkamera eines Mitfahrenden herumgeschickt, so dass das wirklich sichtbar wird.
Schon die Fahrt war wunderschön und voller Wechsel: man sieht das Coromandel-Gebirge (auch teilweise vulkanisch) als ferne dunkle Begrenzung der Ostkueste, faehrt durch gruene Huegellandschaft, an einem Landstrich mit lauter kleinen isoliert herein gesetzten gruen ueberwucherten Vulkankegeln, dann wieder groessere Formationen, bis 800 m, darauf Schafe Kuehe, Pferde und Ziegen, bis man in eher ebenes Gebiet kommt, nach Rotorua.
Rotorua ist ein von Maoris verwaltetes Staedtchen, an den staerksten vulkanischen Aktivitaeten der Nordinsel, d.h. den groessten Geysiren und heissen Quellen. Es liegt ausserdem an einem See, dem Rotorua-See, der am Rande auch einige heisse Kochtoepfe hat, im Uebrigen aber ganz normal ist und Enten und Schwaene beherbergt und in dem man durchaus schwimmen kann –offenbar verteilen sich die vulkanischen Gifte gut oder sinken auf den Grund des Sees.
Allein zwei der heissen Quellen im Gebiet um Rotorua liefern 5% aller elektrischen Energie von Neuseeland. Der Rest ist meist Wasserkraft, entweder aus Wasserfaellen oder natuerlichen, aber angestauten Seen.
Der in Rotorua zu besichtigende Naturpark Te Whakarewarewa Thermal Valley besteht aus einem ausgedehnten Wanderweg, an dem Geysire (Pohutu) heisses Wasser in die Luft spruehen, riesige Dampfwolken und Nebel erzeugen, „mudpools“ (Ngamokaikoko, Hauanu, Wairewarewa,...) blubbernd ihren Lehm kochen und dabei die schoensten ploppenden, sprudelnden und schnurrenden Gerausche erzeugen (sie haben mir am besten gefallen, man koennte ihnen stundenlang zusehen, Blasen zu bilden, und beim Platzen Lehmspritzer hochzuwerfen), und Pfuetzen und Seen in Kratern (Waiparu und Te Werenga hotpools), mehr oder weniger tief, in vielen Farben und Zusammensetzungen kochen und dampfen. Der Park ist im Uebrigen entweder felsig, und dort kommt aus vielen Loechern heisser Dampf, mit abgelagerten gelben Farben, oder gruen mit Sträuchern überzogen. Aber auch da sind lauter Erdloecher, aus denen heisser Dampf herauskommt und da er schwefelhaltig ist, haben die Straeucher von unter her eine rote Patina, was hoechst ungewoehnlich aussieht. Auch gibt es eine Reihe von Kratern, in denen Wasser kocht, und die von den Maoris auch tatsaechlich zum Kochen verwendet wurden und noch werden (Ngarartuatara cooking pool). Man geht durch einen Papakura bushwalk und kann mehere Seen besichtigen, dazu ein Kiwihaus (wenn man früh genug kommt, was wir nicht getan haben), die Te Wananga Whakairo Carving school und Weaving house (wo wir eine japanische Schulklasse beobachten konnten, Mädchen und Jungen in sehr adretten Schuluniformen, sehr hübsch anzusehen, alle brav und ordentlich den Lehrern gehorchend), wo die Bearbeitung der ähnlich wie Flachs gebrauchten Gräser gezeigt wurde: die grüne Haut wird sehr einfach entfernt und übrig bleibt eine starke Faser die sofort zu einem stabilen Strick gedreht werden kann; Modelle alter Maorihäuser in einem künstlichen Maoridorf und eine Galerie, in der auch die heimische Jadebearbeitung gezeigt wird.. Das alles rechtfertigt den sehr teuren Eintritt.
Lake Rotorua sieht je nach Zugangsort entweder wie ein weiterer heisser Mudpool mit kleinen Kratern und kochendem Wasser aus, oder wie eine normaler See mit jeder Menge von Vogelwelt, Schwaenen, Enten, Moeven, und groesseren Arten. Man kann ihn, anders als die recht reglementierten Parks, ohne weiteres begehen, wird aber durch Schilder darauf aufmerksam gemacht, dass der Untergrund bruechig ist und die Gefahr des Einbrechens besteht. Ich habe der Gefahr getrotzt und mir alles angeschaut – sehr instruktiv und anders als in den Parks, sehr direkt.
Wir uebernachteten in Rotorua in einem sehr schoenen Motel, das auch, wie dort ueberall ueblich, einen angenehmen warmen Hotelpool mit dem zugehoerigen warmen Quellwasser hatte, den wir zur Entspannung sehr gerne nutzten. Doch in Rotorua stinkt es ueberall nach Schwefel wie in Aachen-Burtscheid.
Am naechsten Tag setzten wir unsere Erkundung vulkanischer Phaenomene fort: Wai-0-Tapu
ist ein weiterer von Dutzenden solcher vulkanischer Parks, und er war fuer mich noch viel eindrucksvoller als Rotorua, obgleich er vor 4 Jahren seinen Geysir Lady Knox Geyser verloren hat und die anderen nur gelegentlich ausbrechen- wir haben sie nicht erlebt: mit seinen kochenden, spritzenden und blubbernden Mudpools, seinen Dutzend riesigen Vulkanloechern, aus deren Tiefen kochende oder fauchende Geraeusche und Daempfe kommen. Sie sind entweder durch Eruptionen entstanden oder durch Einbrüche: sie entstehen dadurch, dass erst die Bimssteinablagerungen durch die Chemikalien aufgelöst wurden, wodurch Hohlräume entstanden, sodass später die Überdachung zusammenbrach.
Es gibt devels home, den kollabierten Donnerkrater, devels Tintenfaesser (aus einer Mischung von Graphit und Öl) und seine Farbpalette, je nach vorwiegender chemischer Ausfaellung (appetitliches Eisen in rot und braun, Schwefel gelb oder schwarz, Quecksilber, Mangan purpur, Antimon orange und Arsen grün). Es dampft, schnarcht und pfeift aus Erdloechern und die ganzen Straeucher und Baeume sind gefaerbt mit rotem Schwefel und Eisen, was ein ungemeines Farbenspiel ergibt.
Ein schoener Wanderweg fuehrte über den Waiotapustrom der die Chemikalien aufnimmt und dadurch keine Fische enthält, zu einigen bis 20 m großen Kratern, einige mit siedenden Quellen, ueber riesige Sinterterassen (Siliziumoxid-Ablagerungen aus dem Champagnerpool gespeist) an verschiedensten Seen vorbei , die in allen moeglichen Farben spielten: der Austernpool mit austernfoermigem Rand in appetitlichem blaugruen, der Champagnersee in beige und gelb mit orangem Rand und gelben Einlagerungen, 60 m breit und ebenso tief mit einer Temperatur von 73 Grad und aufperlendem CO2, dann eine weitere Wanderung an Alaunklippen entlang mit Ausblicken auf ein riesiges Waldgebiet und die Bratpfannenebene, wieder ein kochender Teich, der schließlich im Ngaroko-Wasserfall mündet, und ein relativ „natuerlich“, d.h. gesund aussehender dunkelblaugruener See, dem ich aber auch nicht trauen wuerde, dazwischen tiefe Vulkankrater, aus denen es dampft und uebel riecht, z.B. der Infernokrater, der bis zu 20 m hoch mud heraufwirft, die Schwefelhöhle mit knallgelben Sulfurablagerungen und schliesslich der einladende leuchtend tuerkisgrünfarbene See „devils bath“ mit einer Arsen-Magensiummischung, die allen Wuenschen des KGB entgegenkommen wuerde. Dazwischen rote gelbe, orange gefaerbte Steine und braunrot gefaerbte Gebuesche und Baeume, unter und hinter allem pfeift heisse Luft oder Dampf hervor, es ist Teufels wahre Kueche. Die Daempfe sind auf Dauer naemlich recht uangenehm, haben mir jedenfalls betraechtliche Kopfschmerzen gemacht. Aber eine halbe Stunde weiterer Autofahrt ist man an einem Wasserfall (Hupa falls) der in klarstem Blau sein Wasser zwischen Granitmauern ergiesst, und das in der klarst denkbaren Luft, und man atmet tief durch und laesst allen teuflischen Schwefel von sich. Wir haben nur zwei Schauplaetze der vulkanischen Aktivitaeten betrachtet, aber es gibt viel viel mehr davon und alle sind verschieden und jeder ganz und gar unglaublich.
Von den Hupa falls war es nicht mehr weit zu dem größten See der Nordinsel, Lake Taupo. Auch er ein Kratersee, daher relativ rund und sehr tief und blau. An seiner Küste mit schwarzgrauem Sand liegen keine Steine, sondern leichte Stücke weißgrauen Bimssteins, die auf dem Wasser schwimmen. Ich habe ein paar kleine mitgenommen, die mein Gepäck nicht belasten und vergrößern werden. Es ist ein wunderschöner See, mit hohen schneebedeckten Bergen am Horizont. Es war uns aber zu kalt, um darin zu schwimmen.
Gegen Abend kamen wir in Tongariro Nationalpark in Waihapapa an, einem Dorf, das fuer Tramper und Skifahrer gebaut ist. Wieder herrlichste Luft und eine wunderschoene und unglaublich vielfältige Szenerie aus Vulkanen: Tongariro, Ngauruhoe und Ruapehu. Ngauruhoe ist ein Berg Fudji, waehrend die anderen von unten aus betrachtet auch normale Berge sein koennten, aber sie alle haben Kraterseen und Ruapehu hatte seinen letzten Ausbruch 1994. Er ist bestaendig aktiv. Das alles sieht atemberaubende aus, in eine Landschaft aus braunroter Heide und gelbbraunem red tussock (Grasbueschel in der Form von runden Koepfen mit langen geraden Stengeln, wie Harry Potters Haare beschrieben werden) gestellt, darueber schwarze Lavasteine und oben alles schneebedeckt.
Der Abendhimmel war unglaublich, klar wie in unseren Breiten nie gesehen, und Sterne, die ich nie gesehen hatte (das Suedkreuz) und alle bekannten Sterngruppen grade verkehrt herum. Wir uebernachteten in einem Chalet, einer Art komfortablen Huette fuer bis zu 7 Leuten, die Myra gemietet hatte. Dort hat man Stockbetten und eine Kueche in der man kochen kann, ein Bad, aber nur kaltes Wasser, einen Balkon und Parkplatz. Im Skotel kann man aber auch essen und warme Duschen und Pools benutzen.
Am naechsten Morgen war das Wetter nicht sehr Vertrauen erweckend, weshalb wir den 7-stuendigen crosspass zwischen zwei Vulkanen strichen und dafuer zwei kleinere Wege unternahmen, einen zum Silica fountain und nachmittags einen zu einem schoenen Wasserfall. Der erstere zeigte wieder vulkanische Aktivitaeten und Sinterterassen in gelb und beige, der zweite war einfach wunderschoen (fuer mich das Schoenste auf dieser Fahrt) mit der braunvioletten Heide, den Blicken auf Ngauruhoe und Ruapehu, den schwarzen Steinen mit roten und schwarzen Moosen und Flechten und dem aus gruenen Straeuchern und schwarzem Lavastein heraus Wasser spruehenden Wasserfall.
Die Maoris haben dazu lauter Geschichten tradiert, die die Entstehung der Naturphaenomene erklaeren, es sind Ueberlebens- und Liebesgeschichten der mit magischen Kräften ausgestatteten gottaehnlichen Vorfahren und der belebten Natur. Und sie mussten sich alles, was die Natur ihnen bot, mit den ihnen zu Gebote stehenden Weltsichten erklaeren, das war v.a. ihr Ahnenkult (die Abstammung hat bei den Maoris auch heute noch eine große Bedeutung), der den Vorfahren goettergleiche Faehigkeiten verlieh, sowie die Anthropomorphisierung der Natur. So erklaerten sie auch die vulkanischen Taetigkeiten mit zauberischen Faehigkeiten, zur Anwendung kommend bei Aerger und Wutausbruechen ihrer Vorfahren, oder Feuersbruenste mit deren Wuenschen nach Auftauen von Eiseskaelte am Rande von Kratern, oder sie personalisierten die Natur, wie z.B. die Vulkane:
Tongariro liebte Pomaturi, einen kleinen Vulkan, aber Tomitoto verliebte sich ebenfalls in Pomaturi und schob sich in ihre Nähe. Dies erboste Tongariro so sehr, dass er rotgluehend vor Wut, Erdbeben und Driften erzeugte und damit Tomitoto an den Meeresrand verschob, und einen grossen Fluss dazwischen legte. Seitdem weint Tomitoto bestaendig, d.h. es regnet an der Kueste immer - wie schoen waren doch Erklaerungen, solange die Wissenschaft nicht dazwischen kam.
Am naechsten Tag fuhren wir zurueck nach Auckland, diesmal ueber Hamilton. Dies war wieder landschaftlich schoen, mit vulkanischen Huegelketten, auf denen Schafe, Kuehe und Pferde grasen, die (letztere) hier immer eine Decke tragen, gegen Wind und Sonne. So kamen wir,
erschoepft von Eindruecken und Schoenheiten, wieder gut in Auckland an.