Forschungsprojekte Teleteaching 


Erfahrungsbericht zur Televorlesung und Teleübung "Informatik und Gesellschaft"

Volker Wulf und Britta Schinzel

Abstrakt: Im Sommersemester 1997 wurde eine Televorlesung mit zugehöriger Übung an fünf baden-württembergischen Universitäten durchgeführt. Dabei wurde das eingesetzte Internet-basierte Programmpaket einer Evaluation unter realistischen Rahmenbedingungen ausgesetzt. Es zeigten sich erhebliche Mängel hinsichtlich der im Internet augenblicklich erzielbaren Übertragungsqualität, der Funktionalität des Videokonferenzpakets und dessen Oberflächengestaltung. Die Televorlesungen zeichneten sich durch ein vergleichsweise langsameres Vortagstempo, geringere Aufmerksamkeit der Zuhörerschaft und verminderte Interaktivität zwischen Vortragenden und Zuhörern aus. Positive Erfahrungen in den diskursiv orientierten Übungen und mit neuen didaktischen Elementen in den Vorlesungen deuten darauf hin, daß nur bei Entwicklung neuer Lehr- und Lernkonzepten die Hoffnung besteht, die dem Telelearning immanenten Probleme kompensieren zu können.

1 Darstellung der Rahmenbedingungen

Die Autoren haben an der Universität Freiburg eine Vorlesung und eine Übung zum Thema "Informatik und Gesellschaft" (I+G) angeboten, an der sich über das Internet mittels m-bone Technik verbunden die Universitäten Konstanz, Mannheim, Stuttgart und Ulm beteiligten.

    1.1 Die Lehrenden und Betreuenden

    Die Vorlesung und Übung wurde von den Autoren inhaltlich neu konzipiert. Dabei hielt einer der Autoren die Mehrzahl der Vorlesungen während der andere die Übungen durchführte. Dabei konnten beide Akteure auf Vorerfahrung bei der Durchführung von Lehrveranstaltungen zu I+G zurückgreifen. Einer der Autoren konnte darüber hinaus bereits auf Erfahrungen bei der Ausrichtung eines mit derselben Technik telekommunikativ zwischen Mannheim, Karlsruhe und Freiburg durchgeführten Seminars zurückblicken, der andere hatte keine Vorerfahrung im Umgang mit der m-bone Technik. Die Vorbereitung und Durchführung der Veranstaltungen erfolgten im Rahmen des normalen Lehrdeputats (d.h.: jeweils unter Anrechnung von nur 2 SWS).

    Die Lehrenden wurden in der Vorbereitung und Durchführung der Veranstaltung durch einen Mitarbeiter unterstützt, der sich um die technische Infrastruktur kümmerte, z.B.: Installation der Anwendungen, Probeübertragungen an die verschiedenen Standorte, Konvertierung der Lehrmaterialien in geeignetes Postscript und html, technische Regie sowie Fehlersuche und -behandlung während der Veranstaltungen.

    An den übrigen Standorten wurden die Studierenden von wissenschaftlichen Mitarbeitern der beteiligten Informatikfachbereiche betreut. Diese verfügten über keine spezifischen I+G-Kompetenz, waren aber insbesondere im Stuttgarter und Mannheimer Fall stark an der Erprobung der m-bone Technik zu Lehrzwecken interessiert. Darüber hinaus wurde jeder der vier externen Standorte einmal während des Semesters von einem der Autoren zu Betreuungszwecken besucht.

    1.2 Die Studierenden

    Hinsichtlich ihrer Motivation zur Teilnahme an der Vorlesung unterschieden sich die Freiburger Studierenden erheblich von denen an den externen Standorten. Während in Freiburg die Teilnahme an einer I+G Vorlesung für die Studierenden im Hauptstudium verpflichtend ist, war dies für die externen Studierenden eine freiwillige Zusatzveranstaltung, die als Bereicherung ihres lokalen Studienangebotes gesehen wurde.

    In Tabelle 1 und 2 sind die Teilnehmerzahlen an der Televorlesung und -übung unterteilt nach Studierenden und Betreuern dargestellt[1]. Neben den in Tabelle 1 und 2 dargestellten Hörern an den verschiedenen involvierten Standorten nahmen während des gesamten Semesters verschiedene, im zeitlichen Verlauf wechselnde Gasthörer aus dem Bundesgebiet an Veranstaltungen teil.

     
    Teilnehmer
    16.4.
    23.4.
    30.4.
    07.5.
    14.5.
    28.5.
    04.6.
    11.6.
    18.6.
    25.6.
    02.7.
    09.7.
     
    S
    B
    S
    B
    S
    B
    S
    B
    S 
    B
    S
    B
    S
    B
    S
    B
    S
    B
    S
    B
    S
    B
    S
    B
    Freiburg
    7
    3
    5
    3
    1
    (3)
    3
    1
    (3)
    2
    2
    (3)
    3
    4
    2
    2
    (1)
    2
    2
    2
    2
    2
    2
    (3)
    2
    2
    2
    2
    3
    Konstanz
    3
    1
    2
    1
    4
    -
    1
    1
    4
    -
    3
    -
    3
    -
    2
    -
    2
    -
    2
    2+
    1
    -
    2
    1
    Ulm
    4
    1
    2
    2+
    1
    1
    1
    1
    1
    2
    -
    -
    -
    1
    -
    1*
    -
    -
    -
    -
    -
    1
    -
    1
    Suttgart
    -
    2
    2
    2
    1
    1
    1*
    2
    1*
    1
    1
    1
    -
    2
    6
    3+
    -
    2
    -
    2
    1
    1
    -
    2
    Mannheim
    -
    1
    -
    1
    -
    1
    -
    2+
    -
    1
    -
    1
    -
    -
    -
    1
    -
    -
    -
    -
    -
    -
    -
    -
    Summen
    14
    8
    11
    9
    10
    6
    7
    8
    11
    7
    8
    4
    6
    5
    11
    6
    4
    4
    7
    6
    4
    4
    4
    7
    Insgesamt
    22
    20
    16
    15
    18
    12
    11
    17
    8
    13
    8
    11

    *: flüchtig; () remote eingelogged; +Freiburger Dozent vor Ort; S: Studenten; B: Betreuer
    Tabelle 1: Teilnahme an der Televorlesung im zeitlichen Verlauf

    Die Teilnehmerzahl (Studierende und Betreuende) an den insgesamt 5 Veranstaltungsorten schwankte in den Vorlesungen zwischen 22 und 8 bei einem Durchschnittswert von etwa 15, in den Übungen zwischen 17 und 7 bei einem Durchschnittswert von etwa 11[2]. Bei beiden Veranstaltungsformen war die höchste Beteiligung in der ersten Veranstaltung gegeben, die dann - in auch für konventionelle Veranstaltungen typischer Weise - zum Semesterende hin abfiel.

     
    Übungen
    17.4.
    24.4.
    15.5.
    05.6.
    12.6.
    19.6.
    26.6.
     
    S
    B
    S
    B
    S
    B
    S
    B
    S
    B
    S
    B
    S
    B
    Freiburg
    6
    3
    5
    3
    4
    2
    1
    1
    3
    1
    2
    1
    2
    2
    Konstanz
    1
    1
    1
    1
    2
    1
    3
    -
    3
    1
    2
    1
    2
    -
    Ulm
    2
    1
    2
    1
    3
    1
    -
    1
    -
    1
    -
    -
    -
    -
    Stuttgart
    1
    1
    -
    2
    -
    -
    -
    1
    -
    1
    -
    1
    -
    2
    Mannheim
    -
    1
    -
    1
    -
    -
    -
    -
    -
    1
    -
    -
    -
    -
    Summen
    10
    7
    8
    8
    9
    4
    4
    3
    6
    5
    4
    3
    4
    4
    Insgesamt
    17
    16
    13
    7
    11
    7
    8

    S: Studenten; B: Betreuer
    Tabelle 2: Teilnahme an der Teleübung im zeitlichen Verlauf

    Betrachtet man die studentische Beteiligung an den einzelnen Standorten, so war diese in Mannheim während des gesamten Semesters nicht und in Stuttgart nur sporadisch gegeben. An diesen beiden Standorten stand das Interesse der Betreuer im Vordergrund, Erfahrungen mit Telelehrveranstaltungen zu sammeln. In Ulm herrschte zu Beginn reges studentisches Interesse, das auf Grund der großen technischen Probleme am dortigen Standort nach den ersten 4 Wochen abbrach (vgl. Abb. 9). Insofern haben hier die ungelösten technischen Probleme eine kontinuierliche Mitarbeit der Studierenden verhindert. Dagegen hatte Konstanz während des gesamten Semesters eine relativ konstante Beteiligung hochmotivierter Studierender. In Freiburg, wo im Gegensatz zu den übrigen Standorten die Vorlesung "Informatik und Gesellschaft" eine Pflichtveranstaltung des Hauptstudiums ist, fiel die Studierendenanzahl nach den ersten Veranstaltungen deutlich ab und stabilisierte sich dann.

    Bei den Ulmer Studierenden handelt es sich ausschließlich um Informatiker, an den übrigen Standorten nahmen auch einzelne Kommilitonen anderer Fachrichtungen an den Veranstaltungen teil.

    1.3 Das didaktische Konzept

    Das didaktische Konzept der zweistündigen Televorlesung beruhte im wesentlichen darauf, eine konventionelle I+G-Einführungsvorlesung zu halten und diese durch eine im Web abgelegte Materialsammlung, bestehend vor allem aus den Vorlesungsstoff vertiefenden Fachaufsätzen zu ergänzen. Die Materialien wurden in der Regel erst nach Ende der betreffenden Vorlesung ins Netz gehängt[3]. Bild 1 gibt einen Überblick über die Inhalte der Vorlesung[4]. Die vorlesungsbegleitenden Materialien finden sich unter:

    http://mod.iig.uni-freiburg.de/lehre/tele_vorl/index.html

      16.4. Einleitung und Motivation

      23.4. Inhalte und Geschichte von Informatik und Gesellschaft, Methoden und Eigenarten der Informatik

      30.4. Philosophische und soziologische Überlegungen zu Kernbegriffen der Informatik

      07.5. Ethische Probleme und Computerethik

      14.5. Technikgenese- und Technikfolgenforschung für die Informatik

      28.5. Betriebliche Organisationen - ein Anwendungsfeld der Informatik

      04.6. Software Engineering

      11.6. Software Ergonomie

      18.6. Geschlechterforschung in der Informatik

      25.6. Gesellschaftliche Aspekte von Multimedia und virtueller Realität

      02.7. Rechtliche Aspekte der Informatik

      09.7. Abschlußdiskussion

      Bild 1: Überblick über die Inhalte der Televorlesung

    Die Konzeption der ebenfalls zweistündigen Übung zielte zum einen darauf ab, ausgewählte Themengebiete der Vorlesung inhaltlich zu vertiefen und andererseits die (tele-)kommunikative Kompetenz der Teilnehmer zu fördern[5]. Letztes Ziel erscheint für eine I+G Übung insbesondere deshalb von hoher Relevanz, weil diese für die spätere Berufsausübung zentrale Kompetenz in der übrigen Informatik-Ausblildung kaum vermittelt wird. Die Übungsaufgaben waren so gestellt, daß die Studierenden in Gruppenarbeit ein bis zwei komplexere Aufgaben (z.B.: Thesen eines vorgegebenen Aufsatzes kritisieren oder die sozialen Implikationen der Nutzung einer Anwendungssoftware untersuchen) zu bearbeiten hatten. Das Ergebnis der Gruppenarbeit wurde dann in der Übung präsentiert und diskutiert. Bild 2 gibt einen Überblick über die Inhalte der Teleübung. Die Übungsblätter, zur Bearbeitung der Übung notwendige Materialien sowie Folien zu einzelnen der in der Übung gehaltenen Vorträge finden sich unter:

    http://mod.iig.uni-freiburg.de/lehre/tele 1997/tele_ueb/.

      17. 4. Vorstellung des Übungskonzepts

      24. 4. Begriffliche Grundlagen der Informatik

      15. 5. Theorie der Informatik und Informatik Curriculum

      05. 6. Organisatorische Implikationen der Einführung von Anwendungssoftware

      12. 6. Präsentation eines Programms

      19. und 26.6. Computer im Alltag

      Bild 2: Überblick über die Inhalte der Teleübung

    Zur Bearbeitung der Übung wurde in der ersten Übungsgruppe angeregt, daß die Studierenden an den einzelnen Standorten Arbeitsgruppen bilden sollten. Zur Klärung von Fragen zur Vorlesung und Übung wurde ein e-mail Verteiler eingerichtet, in den sich die Studierenden, Betreuer und Lehrenden eintragen sollten. Dadurch sollte insbesondere die Kooperation zwischen den Studierenden über die verschiedenen Standorte hinweg gefördert werden. Außerdem gaben die Referenten ihre e-mail Adressen und Telefonnummer für direkte Nachfragen bekannt. Zur Vorbereitung der Übung wurden die Studierenden gebeten ihre Lösungen am Vortag entweder per Mail zu schicken oder eine http-Adresse zu benennen, an der die Lösungsskizzen im Web abgelegt waren. So die Studierenden ihre Zustimmung gaben, wurden die Lösungsskizzen im Vorfeld der Übung über den e-mail Verteiler verbreitet[6].

    1.4 Die eingesetzte Technik

    Die Übertragung der Lehrveranstaltungen von Freiburg an die übrigen Standorte erfolgte via Internet mittels eines Multicast-Backbone (m-bone) Videokonferenzpakets. Das paketorientierte Internet wurde im Vergleich zu kommerziellen leitungsorientierten Netzen der Telekom (z.B.: ISDN) ausgesucht, weil es eine gebührenfreie Übertragung der Nachrichteninhalte ermöglichte[7]. Da das Internet keine Bandbreitenreservierung erlaubt, haben wir unsere Veranstaltungen jeweils in der Zeit von 8.15h bis 9.45h abgehalten, um die zu diesen Zeitpunkten typischerweise schwächere Auslastung des Internets zu nutzen. Für die Multipoint-Videokonferenz wurde eine Freewareanwendung ausgewählt, die im Vergleich zu proprietären Anwendungen einzelner Hersteller (Sun oder SGI) plattformübergreifende Kommunikation erlaubt. Im folgenden wollen wir auf die verwandte Netztechnik und das Videokonferenzpaket genauer eingehen.

      1.4.1 Netztechnik

      Die Übertragung der Veranstaltung im Internet basiert auf dem Multicast Prokokoll, das auf dem Internet-Protokoll aufsetzt. Im Gegensatz zur normalen Nachrichtenübertragung von einem Sender zu n Empfängern, bei der auf der ganzen Strecke die Daten n-fach übertragen werden, basiert die Multicasting-Technik auf der Idee, die Daten erst an den Stellen im Netz zu duplizieren, an denen dies auf Grund der Netztopologie notwendig ist. Dadurch wird eine redundante Datenübertragung bis zu den Gabelknoten im Netz vermieden (vgl. Eriksson 1994, Macedonia und Brutzmann 1994). Da nicht alle Knotenrechner des Internets multicast-fähig sind, muß das normale Internet zwischen zwei m-bone-fähigen Knoten getunnelt werden.

      Bild 3 gibt einen Einblick in die Topologie des Multicast-Backbones in Baden-Württemberg zum Zeitpunkt der Übertragung der Veranstaltungen. Die Topologie zeigt, daß alle von Freiburg aus übertragenen Datenpakete über Karlsruhe geroutet werden und vom dortigen Router eine duplizierte Versendung nach Mannheim und Stuttgart erfolgt. In Stuttgart werden die Pakete verdreifacht, nach Ulm und Konstanz verschickt und ins lokale Hochschulnetz eingespeist.

      Die Übertragung im Internet erfolgte zum Zeitpunkt der Veranstaltungen mit 34 Mbps[8].

      Bild 3: Ausschnitt aus der Topologie des m-bone-Netzes in Baden-Württemberg während der Veranstaltungszeit

      Neben Kapazität und Topologie des deutschlandweiten m-bone Netzes spielt auch die lokale Konfiguration eine wichtige Rolle für die Übertragungsqualität an die einzelnen Hochschulen. Innerhalb der Hochschulnetze gibt es typischerweise einen m-bone-fähigen Gateway-Router, der aus dem Internet adressiert werden kann. Von diesem aus wird ein Router oder eine Bridge, auf denen ebenfalls das m-bone Protokoll läuft, als Zugang zu dem LAN adressiert, in dem die Vorlesungsrechner hängen. Bild 4 stellt die Netzkonfiguration in Mannheim beispielhaft dar.

       

      Bild 4: Konfiguration des m-bone Netzes an der Universität Mannheim

      Die in Bild 4 dargestellte Topologie macht deutlich, daß zur Gewährleistung einer technisch einwandfreien Übertragung an den einzelnen Hochschulen verschiedene Netzkomponenten aufeinander abgestimmt werden müssen. Diese Komponenten werden von organisatorisch in den Hochschulen unterschiedlich aufgehängten Akteuren betrieben. So ist für den Betrieb des Gateway-Routers und des Hochschulnetzes in der Regel das Hochschulrechenzentrum verantwortlich. Der Betrieb der Bridges, der LANs und der Endgeräte fällt in das Aufgabengebiet verschiedener Akteure innerhalb der Institute.

       
       
      Freiburg
      Konstanz
      Mannheim
      Stutgart
      Ulm[9]
      Gateway Router
      Sun Sparc 10
      Sun Sparc 10
      Cisco 7000
      Cisco 7000
       
      Hochschul- 

      rechnernetz

      FDDI
      100 Mbps
      FDDI
      100 Mbps
      FDDI
      100 Mbps
      FDDI/ATM

      100/155 Mbps

       
      Bridge/Router zum lokalen Netz
      Baynet Router
      Netbuilder II bzw. CISCO 7500-Router
      Bridge
      Cisco Router
       
      lokales Netz
      10 Mbps
      10 Mbps
      10 Mbps
      10 Mbps
       
      Vorlesungs-rechner
      SGI Indy
      Sun Sparc 10
      SGI Indigo 2
      Sun Sparc 10 und 20, SGI Indy
       

      Bild 5: Hardwareausstattung an den einzelnen Standorten[10]

      1.4.2 Anwendungssoftware

      Das während der Veranstaltungen genutzte Videokonferenz-Programmpaket ist Freeware, die speziell für das Multicasting im Internet entwickelt wurde. Es wurden bereits in anderen Tele-Lehrveranstaltungen eingesetzt (vgl. Stucky et al. 1995; Eckert, Geyer und Effelsberg 1997).

      Das von uns genutzte Videokonferenz-Paket besteht im wesentlichen aus einem Audio-Tool (vat), einem Tool zur Übertragung von Video-Bildern - insbesondere Kamerainput (vic), einem gemeinsam genutzten (wb), sowie einem Tool zur Synchronisation der Darstellung verschiedener Dokumente im Whiteboard (wbimport). Darüber hinaus bietet das sdr-Tool Möglichkeiten, sich über die im m-bone Netz angebotenen Veranstaltungen zu informieren, die jeweils relevante Veranstaltung zu selektieren und die Audio-, Video- und Whiteboard-Tools mit der zur jeweiligen Session gehörigen Spezifikation zu starten.

      Das vic-Tool ermöglicht die Kodierung, Kompression und Übertragung von Videoströmen. Während der Übertragung kann mittels dieses Tools von Standbild auf Bewegtbildübertragung umgeschaltet werden.

      Das Audiotool (vat) erlaubt die manuelle Aussteuerung des Mikrophoninputs, dessen Übertragung an die Teilnehmer an den verschiedenen Standorten sowie den Empfang und die Lautstärkenregelung des Lautsprecheroutputs. Außerdem wird in dem das Tool am Bildschirm repräsentierenden Fenster eine Liste der in das Audiotool eingeloggten Teilnehmer dargestellt. Die Übertragung von Sprachdaten wird an den anderen Standorten durch eine weiße Unterlegung des Login Namens des Teilnehmers dargestellt.

      In der augenblicklich zur Verfügung stehenden Version des Audiotools ist wahlfreies Rederecht (full duplex) als Kommunikationsmodus nur bei Nutzung von Kopfhörern und Mikrophonen möglich, weil ansonsten der von den Lautsprechern erzeugte Output ungefiltert als Mikrophone-Input übertragen wird. Dies führt in der Regel zu Rückkopplungen. Deshalb muß ein redewilliger Teilnehmer einer Session entweder in das Audio-Fenster mit der Maus klicken oder einen entsprechenden Button aktivieren, um Rederecht zu beantragen. Je nach zuvor eingestelltem Übertragungsmodus (Mike mutes Net, Net mutes Mike) erhält er dieses unmittelbar oder er bekommt es, wenn die übrigen Teilnehmer eine Redepause einlegen.

      Das Whiteboard Tool (wb) erlaubt es, im Postscript oder Textformat an die zugeschalteten Standorte eingeladene Folien zu übermitteln. In der Standardeinstellung sollten einzelne zu übermittelnde Folien nicht größer als 32 KB sein. Allerdings kann das Whiteboard vom Betriebssystem aus mit speziellen Parametern aufgerufen werden, um größere Folien (d.h.: komplexere oder farbige Grafiken) bis zu 1 MB zu übertragen. Außerdem können mit Hilfe einer allerdings eher rudimentären Funktionalität Annotationen und Hervorhebungen auf dem eingeladenen Material vorgenommen werden. Zur ad-hoc Erstellung von Grafiken reicht die Funktionalität des Whiteboards aber kaum aus.

      Zur Synchronisation des Folienwechsels haben wir ein zusätzliches Tool verwandt (wbimport), mit dessen Hilfe der Aktivator bestimmen kann, welche Folie im Whiteboard der übrigen Teilnehmer angezeigt wird. Ohne dieses Tool müßte das Blättern des Vortragenden in den Folien an den einzelnen Standorten manuell nachvollzogen werden.

    1.5 Die Übertragungsräume

    Wie bereits erwähnt, wurden die Lehrveranstaltungen von Freiburg aus an vier verschiedene Standorte übertragen. Die einzelnen Standorte unterschieden sich sowohl hinsichtlich ihrer räumlichen als auch hinsichtlich ihrer Hardwareausstattung. Da das räumliche Arrangement und die Hardwareausstattung für die Qualität der Veranstaltungen eine wichtige Rolle spielen, sollen im folgenden die einzelnen Übertragungsräume kurz dargestellt werden. Dabei ist zu beachten, daß sich an einzelnen Standorten das räumliche Arrangement im Laufe der Veranstaltung änderte[11].

    In Freiburg wurde die Vorlesung und Übung aus dem Multimedia-Hörsaal des Instituts für Informatik übertragen. Da am Institut für Informatik der Universität Freiburg zum Thema Telelearning aktiv geforscht wird (vgl. Ottmann und Bacher 1995, Bacher und Ottmann 1996), verfügt dieser Hörsaal über eine ausgereifte technische Ausstattung.

    Bild 6 stellt eine typische Anordnung während der Vorlesungen dar.

     
    Bild 6: Skizze des Multimedia Hörsaals am Institut für Informatik der Universität Freiburg

    Der Hörsaal ist mit zwei Workstations ausgerüstet. Einer dieser Rechner wird zur Bedienung des Videokonferenzpakets vom Vortragenden genutzt, der andere steht dem technischen Mitarbeiter zur Kontrolle der Übertragung zur Verfügung. Auf Grund der Notwendigkeit zur Tastatureingabe saßen die Vortragenden während der Veranstaltungen am oder in der Nähe des Rechners. Mit dem Beamer wird ein Ausschnitt des Computerbildschirms - in der Regel das Whiteboard - an die Wand hinter den Vortragenden projiziert.

    Die im Raum stehende Videokamera kann entweder genutzt werden, um den Lehrenden zu fokussieren oder um eine Gesamtansicht des Hörsaals zu übermitteln. Wir haben während der Veranstaltung mit der Höheneinstellung der Kamera experimentiert. Da die Länge der Versorgungs- und Übertragungskabel es nicht erlaubte, die Kamera völlig neu im Raum zu positionieren, haben wir während des Semesters die Plätze zwischen Vortragendem und technischem Mitarbeiter mehrmals getauscht, um die Kameraeinstellung variieren zu können.

    Zur Erfassung und Übertragung von akustischen Signalen ist der Hörsaal mit einer Funkmikrophon- und einer Verstärkeranlage ausgestattet. Der Vortragende trug ein Mikrophon am Körper, während für die Studenten ein Mikrophon in einem Mikrophonhalter bereitgestellt wurde, der typischerweise vor der ersten Sitzreihe aufgestellt war. Um einen Redebeitrag leisten zu können, mußte dieses Mikrophon von den Studenten aus dem Halter genommen werden bzw. sie mußten sich in dessen Nähe begeben.

    Genau wie in Freiburg wurden die Veranstaltungen in Ulm in einem Hörsaal abgehalten, der ebenfalls mit einer Workstation, einem Beamer und einer Videokamera nebst Mikrophon ausgestattet war. Im Gegensatz zu Freiburg verfügte der Hörsaal nur über ein einzelnes direkt angeschlossenes Mikrophon, das zunächst auf der Kamera fixiert war. Dieses Arrangement führt zu inakzeptabler Tonqualität, so daß das Mikrophon später in die Nähe der Sprecher gereicht wurde. Auch wurde in Ulm der gesamte Bildschirm des Übertragungsrechners vom Beamer projiziert, was dazu führte, daß dem Auditorium während des Vortrags neben den Folien eine Vielzahl von zur Übertragung notwendigen Kontrollfenstern dargestellt wurden.

    Bild 7: Skizze des Multimedia Hörsaals am Fachbereich Informatik der Universität Ulm

    Im Gegensatz zu den bisher dargestellten Orten wurden die Veranstaltungen in Konstanz und Stuttgart in Terminalräume und in Mannheim in ein Büro übertragen. Dabei saßen die Teilnehmer während der Veranstaltung vor einem Arbeitsplatzrechner, der in unterschiedlicher Weise an den einzelnen Standorten ausgestattet war. Eine Projektion des Whiteboards fand an diesen Standorten jeweils nicht statt. Die Entscheidung für diese Form der Ausrichtung war im Stuttgarter Fall durch den dortigen auf arbeitsplatzorientierte Verfahren des Telelearnings gerichteten Forschungsfokus motiviert, im Falle von Konstanz und Mannheim gaben die lokal Verantwortlichen die geringen Teilnehmerzahlen als Grund für ihre diesbezügliche Entscheidung an.

    In Bild 8 ist der zur Ausrichtung der Televeranstaltungen genutzte Terminalraum in Konstanz dargestellt.  

    Bild 8: Skizze des zur Ausrichtung der Televeranstaltungen genutzten Terminalraumes an der Universität Konstanz

    Die Studierenden und Betreuer sitzen vor ihren Rechnern und folgen dort der Übertragung. Die in Konstanz genutzten Rechner verfügten über keine Videoausstattung, nur ein Rechner war mit einem Mikrophon ausgestattet, so daß nur von diesem Rechner aus kommuniziert werden konnte. In Stuttgart waren Videoausstattungen für den Terminalraum zwar vorhanden, sie wurden aber in den öffentlich zugänglichen Terminalräumen aus Angst vor Diebstahl nicht installiert. Die Studierenden empfangen die Vorlesung in der Regel mittels Kopfhörer, was dort eine full-duplex Einstellung des Audio-Tools ermöglicht.

    In Mannheim nahmen Studierende an keiner der Veranstaltungen teil. Dort erfolgte die Übertragung in das Büro des zuständigen wissenschaftlichen Mitarbeiters, dessen Arbeitsplatzrechner mit Videokamera, Mikrophon und Lautsprecher ausgestattet war.

2 Erhebungsmethodik

Zur Evaluation des von uns verfolgten didaktischen Konzepts und der eingesetzten Software haben wir verschiedene qualitative Methoden eingesetzt[12]. Nach jeder Veranstaltung haben die Autoren ein Protokoll der wichtigsten Ereignisse verfertigt. Zusätzlich haben wir die vor Ort anwesenden Freiburger Studierenden nach den Lehrveranstaltungen um Feedback gebeten und sie daran anschließend mehrfach vertiefend befragt. Im zweiten Teil der Veranstaltungsreihe haben wir das Videokonferenzsystem genutzt, um auch den Hörern an den anderen Standorten die Gelegenheit zu bieten, sich unmittelbar nach Ende der Veranstaltung zu äußern.

Des weiteren hat einer der Autoren jeden der teilnehmenden Standorte einmal während des Semesters besucht. Nach Ende der besuchten Veranstaltung wurde jeweils eine Gruppendiskussion mit den teilnehmenden Studierenden und Betreuenden durchgeführt. Den letzten Vorlesungstermin haben wir für eine Abschlußdiskussion unter Verwendung des Videokonferenzsystems verwandt. Dabei haben wir das gemeinsam genutzte Whiteboard zunächst dazu genutzt, den Teilnehmern an den einzelnen Standorten die Möglichkeit zu geben, positive und negative Eindrücke weitgehend anonymisiert textuell einzugeben und im Anschluß zu diskutieren. Der zweite Teil der Abschlußdiskussion wurde von den Veranstaltern dadurch strukturiert, daß zuvor per E-Mail verteilte Thesen zur Diskussion gestellt wurden. Die Ergebnisse dieser Diskussionen wurden von den Autoren dokumentiert und ausgewertet.

Zusätzlich haben wir die zur Vor- und Nachbereitung der Veranstaltungen versandten und empfangenen E-Mails dokumentiert, sowie Gesprächsnotizen der wichtigsten Telefonate verfertigt. Da E-Mail und Telefon die wichtigsten Medien zur Kommunikation zwischen den Veranstaltern und den Betreuern an den übrigen Standorten waren, gab die Auswertung dieser Daten insbesondere Aufschluß über die Vielzahl von den zur Durchführung der Veranstaltungen zu überwindenden Problemen technischer und organisatorischer Art.

3 Erfahrungen und Anregungen

Entsprechend dem im Kapitel 1 vorgestellten Konzept wurden im Sommersemester 1997 12 Vorlesungen und 7 Übungen mittels m-bone-basierter Videokonferenz durchgeführt. Daraus resultierende Erfahrungen und Anregungen für Verbesserungen sollen im folgenden dargestellt werden.

    3.1 Didaktisches Konzept

    Betrachtet man die Zahl der teilnehmenden Studierenden, so ist diese klein im Vergleich zur Anzahl potentieller Hörer (d.h. Studierende der Informatik und angrenzender Fächer) an den verschiedenen Standorten[13].

    Für die von Anfang an geringe Teilnehmerzahl sind u. E. die folgenden Gründe ausschlaggebend:

    • fehlende Berücksichtigung von "Informatik und Gesellschaft" in den Informatik-Studienplänen der Universitäten Mannheim, Stuttgart und Konstanz,
    • unklare bzw. fehlende Prüfungsrelevanz der Veranstaltungen an den externen Standorten,
    • Probleme bei der Ankündigung der Lehrveranstaltungen an den verschiedenen Standorten,
    • sehr früher Beginn der Veranstaltungen, der durch die zur Verfügung stehende Internetkapazität bedingt war (vgl. Kap. 1.4),
    • Überschneidungen mit andern Lehrveranstaltungen, weil ein Terminabgleich mit den Veranstaltungsplänen der verschiedenen Standorte nicht möglich war[14].

    Hinsichtlich ihrer anfänglichen Haltung zur Telelehrveranstaltung unterschieden sich die Freiburger Studierenden signifikant von denen an den anderen Standorten. An den externen Standorten wurde das Experiment Telelehrveranstaltung positiv aufgenommen, weil den bezüglich der Thematik hochmotivierten Studierenden ein zusätzliches Lehrangebot geboten wurde (vgl. Kap. 1.2). Sie waren deshalb bereit, die der Videokonferenz prinzipiell immanenten Einschränkungen der Interaktionsmöglichkeiten (eingeschränkte Übermittlung von Mimik, Gestik, etc.) hinzunehmen. Die Freiburger Studierenden bemängelten von Beginn an die offensichtlichen Nachteile der Telelehrveranstaltungen:

    • Unterbrechungen der Veranstaltungen durch technische Störungen,
    • Unterbrechungen des Veranstaltungsflusses durch Metakommunikation[15] mit den übrigen Standorten,
    • verringerte Aufmerksamkeit des Dozenten auf Grund der Notwendigkeit zur Bedienung der Videokonferenzanwendungen,
    • verringerte Aufmerksamkeit des Dozenten durch die Interaktion mit einer größeren Teilnehmerzahl.
    Da die Freiburger Studenten ohnehin über ein Angebot von "Informatik und Gesellschaft"-Lehrveranstaltungen verfügten und die typischerweise zu Beginn motivierend wirkende Neugierde bei einigen Kommilitonen durch anderweitige Erfahrungen mit Anwendungen computerunterstützten Lernen bereits verflogen war, begegneten sie der Televorlesung und -übung mit erheblichen Vorbehalten. Diese Vorbehalte führten dazu, daß die Anzahl der im Multimediahörsaal anwesenden Freiburger Studierenden schnell abfiel. Mehrere Studierende zogen es vor, die Vorlesung in einem in der Nähe befindlichen Terminalraum zu verfolgen, um sich auf diese Weise der sozialen Kontrolle ihrer übrigen zeitgleichen Aktivitäten zu entziehen (vgl. Tabelle 1).

    Wir glauben, daß diese Vorbehalte kein singuläres Freiburger Phänomen sind, sondern typischerweise die Haltung von Teilnehmern an Standorten kennzeichnen, von denen aus eine Telelehrveranstaltung aus gesendet wird. Im Vergleich zu einer nicht übertragenen Veranstaltung verschlechtert sich die Qualität der Lehre für sie. Studierende vor Ort müssen u. E. insbesondere dadurch überzeugt werden, daß man auch sie in den Genuß von Vorteilen bei der Nutzung technischer Medien kommen läßt (z.B.: besseren Zugriff auf den Vorlesungsstoff vertiefende Literatur, Animation von Algorithmen, bessere asynchrone Erreichbarkeit des Dozenten, etc.).

      3.1.1 Televorlesung

      Betrachtet man die Erfahrungen differenzierter nach den einzelnen Veranstaltungsorten, so ist hinsichtlich der Vorlesung zunächst das verlangsamte Vortragstempo auffällig. Dies war in unserem Fall zum einen durch die vielen technischen Unterbrechungen bedingt (vgl. Abb. 9). Darüber hinaus mußte aber auch Vorlesungszeit dazu aufgewandt werden, Feedback (z.B. hinsichtlich: Übertragungsqualität, Interesse, Verständnisse etc.) von den verschiedenen Standorten verbal einzuholen, das in einer face-to-face Vorlesungssituation durch einen "Blick in die Runde" gewonnen werden kann.

      Darüber hinaus berichteten die Hörer an den entfernten Standorten über ein insgesamt geringeres Aufmerksamkeitsniveau ihrerseits im Vergleich zu einer face-to-face Vorlesungen. Diejenigen, die die Vorlesung am Terminal verfolgten, berichteten, daß sie des öfteren das E-Mail-Tool oder den Web-Browser während der Vorlesung betätigten. Wurde die Veranstaltung in einen Hörsaal übertragen, so wurde über eine verstärkte Neigung zu Gesprächen zwischen den Zuhörern berichtet. Durch den Wegfall der sozialen Kontrolle durch den vor Ort anwesenden Vortragenden stehen Telelehrveranstaltungen also unter einem stärkeren Wettbewerb um die Aufmerksamkeit der Zuhörer.

      Wie Geyer, Eckert und Effelsberg (1997) haben wir ebenfalls eine sehr niedrige Frage- und Diskussionsneigung der Studierenden während der Vorlesungen festgestellt. Der erste Diskussionsbeitrag eines Studenten erfolgte nach fast zwei Monaten und wurde begünstigt durch eine von einer technischen Störung ausgelöste Unterbrechung der Vorlesung. Die Gründe für dieses Phänomen sind vielschichtig. So wurde von einer Freiburger Studentin angegeben, daß sie nicht alle Teilnehmer an den anderen Standorten mit ihrer Frage stören wolle. Einer der externen Studenten gab an, daß er schlecht einschätzen könne, wann eine Frage opportun sei. Den richtigen Moment für eine Frage zu finden sei insbesondere dann schwierig, wenn kein Videobild des Dozenten übertragen würde. Andererseits war auch der Versuch der Dozenten, durch explizites Befragen der Studierenden während der Vorlesung die Interaktivität zu erhöhen, wenig erfolgreich, weil sie genauso wenig in der Lage waren, den "richtigen" Zeitpunkt und Ansprechpartner für eine Rückabfrage zu antizipieren. Darüber hinaus erschwerten die verfügbaren Übertragungsmodi des Audiotools und das Fehlen geeigneter Tools zur Metakommunikation die Interaktion zwischen den zugeschalteten Teilnehmern und dem Dozenten (vgl. Kap 3.2)[16].

      Zur Erhöhung des Aufmerksamkeitsniveaus und der Interaktivität innerhalb der Vorlesung erwies es sich als vorteilhaft, Folien in den Vortrag einzubauen, die am Ende eines Kapitels die Studierenden baten, den Stoff wiederholende Fragen per Tastatureingabe auf dem gemeinsam genutzten Whiteboard zu beantworten[17]. Die sich an die Einträge anschließende Diskussion trug zu einer Erhöhung der Aufmerksamkeit und Interaktivität in den Vorlesungen bei. Außerdem gaben sie den Vortragenden unmittelbares Feedback über den Lernerfolg der Studierenden. Dieser Ansatz zur Erhöhung von Aufmerksamkeit und Interaktivität kann allerdings nur dann verfolgt werden, wenn die Zuhörenden unmittelbaren Zugriff zu einem Terminal haben. In einem solchen Fall stellt er eine die Vorschläge von Geyer, Eckert und Effelsberg (1997) ergänzende Technik dar. Die Autoren berichten, daß die Vervollständigung von im Whiteboard übertragenen Folien während der Vorlesung durch den Dozenten zu einer Steigerung der Aufmerksamkeit der Studierenden geführt hat.

      Die nach den Veranstaltungen im WWW abgelegten Materialien erfreuten sich keines besonderen Zuspruchs. Wir vermuten, daß fehlende Prüfungsrelevanz der Vorlesung Einfluß auf die mangelnde Motivation zum Nacharbeiten des Stoffes hatte. Außerdem vertieften die Fachaufsätze nur bestimmte Aspekte der Vorlesungen und waren in der Regel didaktisch nicht aufbereitet.

      3.1.2 Teleübung

      Das auf die Förderung der (Tele-)Kommunikationsfähigkeit zielende Übungskonzept wurde von den Studierenden - insbesondere in Konstanz und Ulm - insgesamt sehr positiv aufgenommen. Es zeigte sich, daß trotz der beschriebenen technischen Unzulänglichkeiten die Studierenden in der Lage waren, Vorträge zunehmender Perfektion über das Videokonfernztool zu halten und sich an der teilweise kontrovers verlaufenden Diskussion zu beteiligen. Die Teilnehmer fanden insbesondere den Gedankenaustausch über die Grenzen ihrer eigenen Hochschule hinaus interessant[18].

      Dieses insgesamt positive Feedback sollte aber nicht über die der Telelernsituation immanenten Probleme hinwegtäuschen. Die bereits hinsichtlich der Vorlesung angesprochenen Probleme beeinflußten auch die Interaktivität in den Übungen. So machte das Audiotool Moderation im Sinne einer expliziten Vergabe von Rederechten erforderlich. Dem Moderator fehlten auf Grund der Telelernsituation aber viele Kontextinformationenen zur Einschätzung der Dringlichkeit und Themenrelevanz einzelner Beiträge, die beispielsweise per Mimik und Gestik übermittelt werden. Dies führte dazu, daß Teilnehmer das Gefühl hatten, zu spät zu Wort zu kommen. Außerdem schweifte die Diskussion durch Auswahl der "falschen" Redebeiträge gelegentlich ab.

      Zur Eröffnung einer Diskussion erwies es sich als nützlich, unterschiedliche Positionen von den Teilnehmern per Eintrag in das gemeinsam genutzte Whiteboard abzufragen (vgl. Kap. 2). Des weiteren erwies es sich als äußerst hilfreich für das gegenseitige Verständnis, wenn Studierende vorbereitete Vorträge mit grafisch aufgearbeiteten Folien illustrierten. Insofern erwiesen sich die Probleme beim Einladen von Postskriptfolien an den verschiedenen Standorten als äußerst problematisch (vgl. Kap. 3.2.2). Zur Visualisierung spontaner Beiträge und zur Strukturierung der Diskussion wären Freihandeingaben ins Whiteboard wünschenswert gewesen (vgl. Kap. 3.2.2).

      Des weiteren zeigte sich, daß die räumliche Nähe der Beteiligten zu einem Mikrophon ein wesentlicher Einflußfaktor für die Intensität ihrer Beteiligung an der Diskussion darstellte. Insofern bietet eine Funkmikrophonanlage, bei der jeder Teilnehmer mit einem Mikrophon am Körper ausgerüstet ist, eine günstige Voraussetzung zur Durchführung solcher Übungen.

      Einzelne Studierende bemängelten "Anonymität" und "emotionale Distanz" zwischen den Teilnehmenden an den verschiedenen Standorten. Obwohl eine gegenseitige Vorstellung im ersten Übungstermin stattfand, bemerkte einer der Studierenden, daß er dies schnell vergessen hatte und sich des öfteren solche Vorstellungsrunden gewünscht hätte. Durch das fehlende Wissen übereinander empfand er eine erheblich "emotionale Distanz" zwischen den Teilnehmenden[19]. Allgemein wurde die Anonymität der Redebeiträge in den Übungen bemängelt. Man hätte sich gewünscht, erkennen zu können, wer jeweils das Wort ergriff.

      Die zur Bearbeitung der Übungsaufgaben angeregte Gruppenbildung erfolgte an keinem der Standorte. Der gemeinsame Mailverteiler wurde fast ausschließlich von den Dozenten für organisatorische Ankündigungen und zum Verteilen der Lösungsskizzen zu einzelnen Übungsaufgaben genutzt. Eine inhaltliche Diskussion zwischen den Studierenden über die verschiedenen Standorte hinweg fand nicht statt. Auf Nachfrage gab einer der Studierenden an, daß ihm diese Funktion des Mailverteilers nicht klar gewesen sei. Die Bereitstellung eines Mailverteilers und eine anfängliche Beschreibung seines Zwecks reicht also offensichtlich zur Anregung einer inhaltlichen Diskussion zwischen den Studierenden nicht aus.

      3.1.3 Übergreifende Aspekte

      In Vorlesung und Übung zeigte sich, daß eine Telelehrveranstaltung auf Basis der eingesetzten Technik von einem einzelnen Lehrenden allein nicht sinnvoll durchgeführt werden kann. Zur Überwachung der Kameraeinstellung, zur Optimierung der Übertragungsqualität und Handhabung von technischen Problemen ist ein Regieassistent erforderlich. Zur Kommunikation mit den Betreuern an den anderen externen Standorten sollte er mit zusätzlichen Medien ausgestattet sein, die die Übertragung der Veranstaltungen selbst nicht stören. Sind solche Tools vorhanden, wäre in Vorlesungen zu überlegen, ob der Regieassistent nicht auch als Ansprechpartner für Zwischenfragen von den externen Standorten fungieren könnte.

      Solange die Datenübertragung im m-bone-Netz nicht gestört ist, kann der im m-bone-Paket enthaltene verteilte Texteditor als Kommunikationsmedium genutzt werden[20]. Bei technischen Störungen im Internet sind andere Kommunikationskanäle erforderlich[21]. Zur Fehlersuche im m-bone-Netz sollte der Regieassistent über Root-Rechte auf den Vorlesungsrechnern verfügen[22].

      Das von uns verwandte didaktische Konzept hat sich im Rahmen der Veranstaltung basierend auf unseren Erfahrungen entwickelt. Als besonders hilfreich erwies sich dabei das Feedback der Studierenden. Aber auch der im Rahmen einer Übung gehaltene Vortrag eines Betreuers, der bereits über weitreichende Erfahrungen im Umgang mit den eingesetzten Tools verfügte, erwies sich als sehr anregend für die Gestaltung der nachfolgenden Präsentationen. Um Lehrende auf notwendige Anpassungen ihrer Lehrkonzepte beim Übergang von konventionellen Vorlesungen zu Telelehrveranstaltungen und den Umgang mit der Anwendungssoftware vorzubereiten, erscheint eine entsprechende hochschuldidaktische Schulung unumgänglich. Auch Studierende - insbesondere solche mit geringer Vorerfahrung im Umgang mit Rechnern - sollten auf die neue Lernsituation vorbereitet werden.

      Unsere bisherigen Erfahrungen deuten darauf hin, daß die Vorbereitung und Durchführung von Telelehrveranstaltungen mit erheblich höherem personellem Aufwand (sowohl von seiten der Lehrenden als auch von seiten der technischen Assistenz) verbunden ist. Diese Erfahrung ist in unserem Fall durch erhebliche technische Probleme verstärkt worden (vgl. Kap. 3.2). Aber auch die geeignete Vorbereitung der Materialien für die Nutzung während der Veranstaltungen und die Nachbereitung zur Darstellung im WWW erfordert erheblichen Aufwand, der noch durch die zwischen den proprietären Formaten Html und Postskript bestehenden Konvertierungsproblemen verstärkt wird. Der Vorbereitungsaufwand erhöht sich weiterhin, wenn die Vorteile des Mediums Computer stärker für auf explorativem Lernen beruhende didaktische Konzepte genutzt werden (z.B.: Animationen von Algorithmen).

      Dieser zusätzliche dem Lehrenden entstehende Aufwand birgt bei gleichbleibendem Lehrdeputat die Gefahr, daß entwickelte Veranstaltungsmodule häufiger wiederverwendet werden, als dies in konventionellen Veranstaltungen der Fall wäre. Daraus können Konsequenzen für die Aktualität der Lehrinhalte resultieren. Vor dem Hintergrund unserer Erfahrungen erscheint es zweifelhaft, ob Telelearning dann als Instrument einer Verringerung des Lehrkörpers tauglich ist, wenn man die Qualität der Lehre nicht vernachlässigen will.

      Ein weiterer wichtiger Erfolgsfaktor für Telelehrveranstaltungen ist die frühzeitige organisatorische Einbindung der externen Standorte (vgl. Eckert, Geyer und Effelsberg 1997). Eine rechtzeitige Planung ist insbesondere wichtig, um Veranstaltungszeiten abzustimmen, lokale Betreuer zu gewinnen, Veranstaltungen geeignet voranzukündigen (z.B. im kommentierten Vorlesungsverzeichnis) und Fragen der Anerkennung der Studienleistungen im Vorfeld zu klären. Wir sind mit dem Angebot der Telelehrveranstaltung vier Monate vor Veranstaltungsbeginn an die Dekane aller Informatik-Fachbereiche in Baden-Württemberg herangetreten. Diese Zeitspanne hat sich für einzelne Standorte als zu kurz erwiesen, insbesondere weil sie sich zu einem erheblichen Teil mit der vorlesungsfreien Zeit deckte und deshalb Entscheidungsträger nicht immer vor Ort verfügbar waren. Auf Grund der Vielzahl der an den einzelnen Standorten zu beteiligenden Akteure, erscheint eine längerfristige Vorbereitung von Telelehrveranstaltungen angezeigt zu sein. Dies insbesondere, wenn wie in diesem Fall fünf verschiedene Standorte zu koordinieren sind.

    3.2 Eingesetzte Technik

    Das m-bone-basierte Videokonferenzpaket ermöglichte es, die Veranstaltungen während des Semesters durchzuführen. Allerdings stellte eine Vielzahl technischer Störungen die Geduld und Motivation der Teilnehmer auf eine harte Probe.

    Abbildung 9 dokumentiert die wichtigsten technischen Störungen, die während der Televeranstaltungen auftraten.

     
    16.4 - Tonübertragung nach Konstanz für etwa 10 Minuten gestört.
    - Rechner in Ulm während der Veranstaltung für 10 Minuten abgestürzt.
    - Übertragungsqualität von Ton und Bild nach Ulm sehr schlecht.
    17.4 - Übertragungsqualität nach Ulm sehr schlecht.
    23.4 - Übertragungsqualität nach Ulm sehr schlecht.
    24.4 - Veranstaltung wurde in den sdr-Tools der externen Standorte nicht angezeigt, weil infolge der Verlegung des Vorlesungsraums in Freiburg das die Vorlesung ankündigende sdr-Tool nicht aktiv war. Die externen Standorte konnten sich erst nach 45 Minuten zuschalten, nachdem in Freiburg die Ursache erkannt und behoben worden war.
    - Sehr schlechte Übertragungsqualität von und nach Ulm.
    30.4 - Nach einem Absturz des Routers im lokalen Netz des Institut für Informatik der Universität Freiburg, der sich am Vortag ereignet hatte, hatte der Systemadministrator vergessen, das m-bone Protokoll wieder zu aktivieren. Nachdem wir den Fehler lokalisiert und den Zuständigen telefonisch zu Hause erreicht hatten, gelang es diesem, die Anwendung zu starten und so die Übertragung an die übrigen Standorte zu ermöglichen.
    - Absturz des Übertragungsrechners in Ulm und schlechte Übertragungsqualität von und nach Ulm.
    07.5 - Die Übertragungsqualität zu allen Standorten war durch eine Überlastung des Karlsruher m-bone Routers während mehr als der Hälfte der Vorlesungszeit sehr schlecht; teilweise vollständige Unterbrechung der Übertragung.
    14.5 - Übertagung nach Ulm nach den ersten 30 Minuten unterbrochen.
    15.5 - störungsfrei
    28.5 - störungsfrei
    04.6 - Veranstaltung wurde im Ulmer sdr-Tool nicht angezeigt, deshalb keine Übertragung nach Ulm.
    - 30minütige Unterbrechung der Übertragung zu allen externen Standorten in der zweiten Vorlesungshälfte auf Grund nicht eindeutig lokalisierbarer Netzprobleme.
    05.6 - Der Dozent hatte sich bei der Vorbereitung der Übertragung versehentlich in die Vorlesungs- statt in die Übungssession im sdr-Tool eingewählt. Der technische Mitarbeiter erkannte den Fehler zu Beginn der Veranstaltung und korrigierte ihn nach kurzer Suche. Bei der Fehlersuche aktivierte er das gesamte Videokonferenzpaket auf einem zweiten Rechner. Nachdem er den ersten Fehler durch Auswahl der richtigen Veranstaltung behoben hatte, war das Audiotool auf beiden Rechnern aktiv, was zu permanenten Rückkopplungen auf dem Tonkanal führte. Auf Grund der Vielzahl von als Fehlerquellen in Frage kommenden Hard- und Softwarekomponenten gelang es, den Fehler erst nach etwa 25 Minuten zu lokalisieren.
    - Konstanz hatte einen Hardwarefehler im Mikrophon, der ein permanentes Pfeifgeräusch bei der Tonübertragung erzeugte.
    - schlechte Übertragungsqualität von und nach Ulm.
    11.6 - störungsfrei
    12.6 - Der Versuch eines Konstanzer Studenten, unter Windows erstellte Postskript Folien ins Whiteboard zu laden, mißlang, so daß wir nach 15 minütiger Unterbrechung die mittlerweile über das WWW bereitgestellten Folien per Netzbrowser vortragsbegleitend zur Kenntnis nehmen mußten.
    18.6 - Ulm konnte während der gesamten Zeit lediglich das Whiteboard empfangen.
    19.6 - Ulm konnte während der gesamten Veranstaltungszeit keine Verbindung aufbauen.
    25.6 - störungsfrei
    26.6 - Von einem Freiburger Studenten in Tex unter Unix erstellte PS-Folien wurden zwar lokal im Whiteboard angezeigt, konnten aber an den übrigen Standorten nicht empfangen werden. Das machte eine spontane Veränderung des Übungsablaufs erforderlich.
    02.7 - 15minütige Unterbrechung der Übertragung zu allen externen Standorten auf Grund von Problemen im Freiburger Hochschulnetz.
    09.7 - 5 Minuten verspäteter Beginn der Veranstaltung, weil beim Einschalten der Geräte in Freiburg ein Verstärker übersehen wurde.

    Abb. 9: Liste der wichtigsten technisch bedingten Störungen

      3.2.1 Netztechnik

      Während der insgesamt 19 Veranstaltungen gab es vier netzbedingte Komplettausfälle der m-bone-Übertragung, die zwischen 15 und 45 Minuten die Verbindung zu allen externen Standorten unterbrachen. Darüber hinaus war die Verbindung zum Standort Ulm während fast des gesamten Semesters - insbesondere auch durch Aussetzer im Audio-Kanal - so schlecht, daß dort keine sinnvolle studentische Beteiligung möglich wurde (vgl. Tabelle 1 und 2 und Abbildung 9). In der Übertragung zwischen den übrigen Standorten waren gelegentliche Tonaussetzer insbesondere in der zweiten Veranstaltungshälfte (ab 9.00 Uhr) die Regel.

      Auch kurze, gelegentlich auftretende Tonaussetzer können die Verständlichkeit von Vorträgen und Diskussionsbeiträgen erheblich beeinflussen, wie die in Abb. 10 dargestellte Gesprächssequenz belegt. Die nicht übertragenen Gesprächsteile sind unterstrichen dargestellt. Diese Sequenz ergab sich während einer Vorlesungspause beim Besuch eines der Dozenten (Y) an einem der externen Standorte. Das aus den Übertragungsproblemen resultierende Mißverständnis konnte im nachhinein durch Zufall entdeckt und ausgeräumt werden.

      X: "Y, wie fandest Du meinen Vortrag bisher inhaltlich?"

      Y: "Die Präsentation kommt gut an und ist inhaltlich sehr interessant."

      X: "Ah, er sagt nichts zur inhaltlichen Qualität" <Lachen>

      Abb. 10: Durch Tonausfall manipulierte Gesprächssequenz

      Um die jeweils verfügbaren Übertragungskapazitäten für die Audio- und Whiteboard-Übertragung primär zu nutzen, schalteten wir den Videokanal in der zweiten Veranstaltungshälfte in der Regel auf Standbild. Im Hinblick auf die aus unseren Erfahrungen belegte Bedeutung der Videoübertragung (vgl. Kap. 3.1.2 und 3.2.2) behindern diese aus der verfügbaren Übertragungskapazität herrührenden Einschränkungen die Durchführung von Telelehrveranstaltungen.

      Unsere Erfahrungen deuten darauf hin, daß eine m-bone basierte Übertragung von regelmäßigen Lehrveranstaltungen bei den zum Zeitpunkt der Vorlesung gegebenen Router- und Netzkapazitäten als äußerst problematisch angesehen werden muß. Insbesondere scheint die Möglichkeit, eine für die Übertragung notwendige Bandbreite fest reservieren zu können, essentiell für die Durchführung von Telelehrveranstaltungen dieser Art (vgl. Geyer, Eckert und Effelsberg 1997).

      Darüber hinaus erfordert die Einführung und Nutzung der m-bone-Technik innerhalb der einzelnen Hochschulen den Arbeitseinsatz und die Kooperation von verschiedenen Akteuren, die unterschiedlichen Organisationseinheiten angehören und deshalb einer erfolgreichen Durchführung von Telelehrveranstaltungen unterschiedliches Gewicht beimessen (vgl. Kap. 1.4.1)[23]. Probleme die sich aus der Abstimmung dieser Akteure ergaben, haben einen weiteren prinzipiell interessierten Standort von der Teilnahme an den Telelehrveranstaltungen abgehalten und Störungen bei der Durchführung dieser Veranstaltungen bewirkt (vgl. Abb. 9). Aus diesem Grund erscheint eine einfacher an den einzelnen Hochschulstandorten zu installierende und zu betreibende Netztechnik für die Durchführung von Telelehrveranstaltungen besser geeignet.

      3.2.2 Anwendungssoftware

      Auch die eingesetzte Anwendungssoftware läßt sowohl hinsichtlich ihrer Funktionalität als auch ihrer Oberflächengestaltung erheblich zu wünschen übrig. Hinsichtlich der Oberflächengestaltung einzelner Anwendungen verletzt das Videokonferenzpaket fast jede der in der ISO 9341 Teil 10 festgelegten software-ergonomischen Gestaltungsanforderungen. So ist die Oberflächengestaltung zwischen den einzelnen Anwendungen ebensowenig konsistent, wie die Maustastenbelegung innerhalb des Audiotools. Bedienfehler können durch Undo-Möglichkeiten nicht korrigiert werden. Voreinstellungen, die zur Konfiguration der Tools notwendig waren, lassen sich nicht überdauernd abspeichern[24].

      Ein weiteres Manko ist die fehlende Dokumentation der Funktionsweise einzelner Leistungsmerkmale (z.B.: Übertragungsmodi des Audiotools oder Einladefunktion des Whiteboards).

      Diese software-ergonomischen Defizite haben bei der Durchführung der Veranstaltung dazu geführt, daß den Verlauf einzelner Veranstaltungen mitunter erheblich beeinträchtigende Bedienfehler entstanden[25]. Die fehlende Dokumentation machte aufwendiges Explorieren der Funktionalität erforderlich und führte dazu, daß bestehende technische Möglichkeiten von den Nutzenden nicht oder erst verspätet wahrgenommen wurden[26]. Insofern erscheint eine software-ergonomisch ausgereifte Oberflächengestaltung essentiell für das Redesign des Anwendungspakets. Dies insbesondere, wenn man Lehr- und Lernkonzepte unterstützen will, die die aktive Beteiligung von im Umgang mit Rechnern weniger geübten Teilnehmern erwünscht erscheinen lassen.

      Auch die Funktionalität des Videokonferenzpakets erwies sich an verschiedenen Stellen als erweiterungsbedürftig. Zur technischen Unterstützung der durch die telekommunikative Vermittlung erheblich reduzierten Interaktivität zwischen Vortragenden und Zuhörenden (vgl. Kap. 3.1) wäre es wünschenswert, im Audiotool den Übertragungsmodus "Wahlfreies Rederecht" auch ohne Nutzung von Kopfhörer und Mikrophon zu ermöglichen. Dazu wäre das Herausfiltern der Rückkopplungen erforderlich.

      Darüber hinaus sollte mittels eines in das Videokonferenzpaket integrierten text- und/oder graphikbasierten Metakommunikationstools den Teilnehmern einer Veranstaltung die Möglichkeit gegeben werden, dem jeweiligen Sprecher Existenz, Gegenstand und Dringlichkeit von Fragen oder Anmerkungen mitzuteilen. Die Nutzung eines solchen Tools zur Kommunikation zwischen Zuhörern und Vortragenden insbesondere in Vorlesungen, stört die übrigen Teilnehmer im Vergleich zum direkten Hineinfragen weniger und beläßt es dem Vortragenden, den Zeitpunkt der Kommunikation zu bestimmen[27].

      Eine qualitativ hochwertige Videoübertragung zwischen den verschiedenen Standorten spielt offensichtlich eine wichtige Rolle bei der Durchführung von Telelehrveranstaltungen (vgl. Kap. 3.1). Für die Wirkung der Videoübertragung ist aber insbesondere das von der Kamera eingefangene Bild und die Form der Darstellung des Videooutputs beim Empfänger von Bedeutung[28]. Geyer, Eckert und Effelsberg (1997) haben vorgeschlagen, die Kamera auf Augenhöhe in der ersten Reihe der Zuhörer zu positionieren. Wir haben im Rahmen der Lehrveranstaltungen mit verschiedenen Kameraeinstellungen experimentiert und sind dabei zur selben Einschätzung für den Einsatz in Vorlesungen gekommen. Da der Vortragende typischerweise "sein" Publikum vor Ort versucht anzusprechen, schaut er dann dabei in die Kamera. Hinsichtlich des zu übertragenden Kameraausschnitts erwies es sich als vorteilhaft, den gesamten Oberkörper und nicht nur das Gesicht zu übertragen. In Übungen, in denen neben dem Vortragenden andere Teilnehmer eine Vielzahl von Redebeiträgen leisten, wurde von den Teilnehmern an den anderen Standorten eine Kameraeinstellung bevorzugt, die Dozent und Teilnehmer gemeinsam erfaßt.

      Neben der Übertragung des Bildes vom sendenden Standort zu den anderen Standorten spielt aber auch der Rückkanal eine wichtige Rolle, um dem Vortragenden Feedback zu vermitteln. Auch für diesen Rückkanal ist die Kamerapositionierung wichtig. Um eine möglichst günstige Kommunikationssituation herzustellen, schlagen wir vor, die Kamera in den entfernten Vorlesungssälen in die Nähe der Videoprojektion zu plazieren und auf die Zuschauer zu richten. dieses Ensemble kann noch dadurch verbessert werden, daß die Projektion auf eine semipermeable Leinwand erfolgt und die Kamera hinter der Leinwand plaziert wird[29].

      Beim Einladen von Postskript-Folien in das Whiteboard zeigte sich, daß diese Funktionen nicht nur nicht dokumentiert, sondern auch unzulänglich implementiert war. Es bedurfte langandauernder Versuche, um unter Windows, Macintosh oder mit TeX unter Unix erstellte Folien einzuladen. Ein von einem Studierenden vorbereiteter Vortrag konnte auf Grund dieser Probleme nicht über das Whiteboard übertragen werden (vgl. Abb. 9). Darüber hinaus lassen sich einmal ins Whiteboard geladene Folien nicht mehr daraus löschen, so daß bei irrtümlichem Laden nicht gewünschter Foliensätze schnell ein für die Nutzer schwer zu übersehender Folienbestand in einer Session entstehen kann. Probleme dieser Art lassen den Einsatz dieses Programmpaket außerhalb des Kreises technisch erfahrener und leidensfähiger Nutzergruppen unmöglich erscheinen.

      Bei der Präsentation von Folien mittels des Whiteboardtools wurde es von den Vortragenden als ein Manko empfunden, daß die Cursorbewegungen ebensowenig wie Bewegungen von auf der Folie angebrachten grafischen Elementen an die übrigen Standorte übertragen werden. Diese Designentscheidung, die offensichtlich aus der Absicht gefallen ist, den zwischen den Standorten zu übertragenden Datenstrom zu minimieren, erscheint in Lehrsituationen durchaus problematisch, weil es häufig sinnvoll ist, auf die Teile einer Folie, über die man gerade spricht, durch Cursorbewegungen hinzuweisen. Insofern sollten entsprechende Übertragungsmöglichkeiten bei einem Redesign des Whiteboards implementiert werden.

      Ein weiteres wesentliches Manko stellen die unzureichenden Eingabemöglichkeiten ins Whiteboard dar. Die bisherige Funktionalität ist ausschließlich auf die Annotation zuvor eingeladener Folien gerichtet. Dies ist aber gerade in Übungen, in denen sich Lösungen häufig erst im Veranstaltungsverlauf durch Input verschiedener Teilnehmer ergeben, völlig unzureichend. Insofern sollte die Funktionalität des Whiteboard zunächst auf die Grundfunktionalität normaler Grafikeditoren erweitert werden. Zur Unterstützung der Interaktion über die verschiedenen Standorte hinweg sind verschiedene "Turn-taking"-Protokolle zur Sequenzialisierung der verteilten Eingabe in unterschiedlichen Lehr- und Lernsituationen zu erproben (vgl. Greenberg 1991).

      Auch die bisher vorzufindende Beschränkung auf ausschließlich tastaturorientierte Eingabe in das gemeinsam genutzte Whiteboard ist im Hinblick auf die Notwendigkeiten der schnellen Skizzierung von Ideen insbesondere in den Übungen zu überdenken. Die Nutzung von elektronischen Tafeln als Ein- und Ausgabemedium würde die Beteiligung verschiedener Akteure bei der Erstellung von Grafiken erheblich erleichtern. In diesem Fall würden Freihandeingaben per elektronischem Griffel von mehreren Akteuren an einem Ort während der Veranstaltung möglich. Außerdem müßte die Eingabe nicht mehr in räumlicher Nähe des Terminals erfolgen. Elektronische Tafeln könnten auch an den externen Standorten als Darstellungs- und Eingabemedium genutzt werden. In diesem Fall würden Videobild und Whiteboard mittels unterschiedlicher Medien auf verschiedene Projektionsflächen ausgegeben. Ein solcher Ansatz könnte dazu beitragen, die Akzeptanz der Systeme in Wissenschaftskulturen zu erleichtern, die dem Tafelanschrieb während einer Vorlesung zentrale Bedeutung beimessen.

4 Zusammenfassung und Ausblick

Wir haben über Erfahrungen mit einer Televorlesung und -übung zum Thema "Informatik und Gesellschaft" berichtet, die wir im Sommersemester '97 in Baden-Württemberg durchführten Die hier dokumentierten Erfahrungen beziehen sich auf die Weiterentwicklung sowohl der genutzten m-bone-basierten Videokonferenzanwendung als auch des verfolgten didaktischen Konzepts. Sie sind in starkem Maße geprägt durch die Thematik der Veranstaltungen, an den einzelnen Standorten gegebenen Rahmenbedingungen und die an der Durchführung der Veranstaltung beteiligten Personen[30]. Zur Abschätzung der Übertragbarkeit einzelner Ergebnisse sind weitere Untersuchungen erforderlich.

Den Lernerfolg der Studenten - insbesondere auch im Vergleich zu konventionellen Veranstaltungen - haben wir nicht untersucht. Weiterführende Untersuchungen in diese Richtung sind für eine Bewertung von Telelehrveranstaltungen erforderlich, um zu einer profunderen Einschätzung ihrer Chancen und Risiken zu gelangen. Allerdings deuten die Probleme hinsichtlich der Aufmerksamkeit der Zuhörer, der Interaktivität zwischen Lehrenden und Lernenden sowie hinsichtlich des Vortragstempos darauf hin, daß mit dem hier verwandten Lehrkonzept die Qualität konventioneller Vorlesungen und Übungen schwer zu erreichen sein wird.

Aus unseren Erfahrungen wird deutlich, daß das von uns eingesetzte Anwendungspaket nur mit großem technischen Aufwand und mit hochmotivierten Studierenden nutzbar ist. Die Frage, inwiefern konventionelle Vorlesungsreihen sinnvollerweise übers Netz übertragen werden sollten, ist noch genauer zu untersuchen. Basierend auf unseren Erfahrungen vertreten wir dabei eher die Auffassung, daß Anwendungen zur Unterstützung computerunterstützten Lernens am besten im Rahmen entsprechend modifizierter Lehr- und Lernformen eingesetzt werden können. Auf Grund der positiven Erfahrungen mit der Teleübung planen wir für die Zukunft Telelehrveranstaltungen, in denen zuvor von den Studierenden zu lesende Texte gemeinsam diskutiert werden.

5 Danksagung

Wir möchten uns herzlich bei den Hörern der Veranstaltungen für ihre Bereitschaft bedanken, sich auf die Unbilden eines didaktischen und technischen Experiments eingelassen zu haben. Ihre Rückmeldungen haben den Inhalt dieses Berichts wesentlich beeinflußt. Bei der Durchführung der Veranstaltung sind wir in sehr engagierter Weise von den Betreuern an den übrigen Standorten unterstützt worden. Dafür danken wir herzlich Annegret Liebers (Universität Konstanz), Frank Schiele und Werner Sinz (Universität Stuttgart), Christoph Kuhmünch (Universität Mannheim), Volker Graf und Robert Regn (Universität Ulm). Stefan Weber (Universität Freiburg) hat durch seinen Sachverstand wesentlich dazu beigetragen, daß die Veranstaltungen trotz der erheblichen technischen Probleme während des gesamten Semesters abgehalten werden konnten.

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Fußnoten

[1] Die Zahlen beziehen sich - so nicht anders gekennzeichnet - auf Teilnehmer, die mindestens etwa die Hälfte der Zeit der jeweiligen Veranstaltung beigewohnt haben. Gasthörer, die nur kurzzeitig in einer der Veranstaltungen hineingehorcht haben, sind nicht in der Statistik erfaßt.

[2] Die Teilnehmerzahlen an den externen Standorten sind durch Nachfragen am Ende der jeweiligen Veranstaltungen erhoben worden.

[3] Brennecke und Keil-Slawik (1997) haben das WWW in ähnlicher Weise dazu genutzt, Studenten Materialien zur Vertiefung einer face-to-face abgehaltenen Vorlesung ``Software-Ergonomie'' bereitzustellen.

[4] Entsprechend der Klassifikation von Eckert, Geyer und Effelsberg (1997) handelt es sich hier im Prinzip um ein RLR-Scenario (Remote Lecture Room). Donker und Gorny (1998) würden dieses Setting als ein virtuelles Klassenzimmer bezeichnen.

[5] Ein ähnliches Konzept für konventionell abgehaltene Übungen zu ``Informatik und Gesellschaft'' wurde von Rolf, Klischewski und Schelhowe (1994) am Fachbereich Informatik der Universität Hamburg entwickelt und erprobt.

[6] Entsprechend der Klassifikation von Eckert, Geyer und Effelsberg (1997) handelt es sich hierbei im wesentlichen um ein RIS-Szenario (Remote Interactive Seminar).

[7] Bei dieser Entscheidung war zu berücksichtigen, daß wir für die Übertragung der Veranstaltung von keiner Seite finanziell gefördet wurden.

[8] Bei der Beurteilung der von uns dokumentierten Erfahrungen ist zu berücksichten, daß noch im Jahre 1997 die Kapazität des m-bone-Netzes in der BRD um den Faktor 5 auf 155 Mbps erhöht werden soll.

[9] Angaben lagen zum Zeitpunkt der Endredaktion nicht vor.

[10] Diese Angaben sind durch Befragen der lokalen Betreuer erhoben worden.

[11] Die Ausführungen zur räumlichen Situation und zur Hardwareausstattung beziehen sich bei den externen Standorten auf den Termin, an dem sie vom Freiburger Dozenten besucht wurden.

[12] Ein in solcher Weise qualitatives Vorgehen hat sich im Forschungsgebiet CSCW (Computer Supported Cooperative Work) als sehr problemangemessen erwiesen (vgl. Wulf 1997).

[13] Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, daß Informatik in Konstanz lediglich als Nebenfachstudium möglich ist und der Informatikstudiengang in Freiburg sich im Aufbau befindet.

[14] Die Terminplanung muß nach unseren Erfahrungen ein Jahr vorher beginnen.

[15] Metakommunikation betraf vor allem: Handhabung von Störungen und Nachfragen hinsichtlich der Qualität der technischen Übertragung sowie der Verständlichkeit der Veranstaltungsinhalte. Zur Metakommunikation wurde vor allem der Audiokanal benutzt, bei dessen Ausfall das gemeinsam genutzte Whiteboard.

[16] In der ersten Hälfte der Vorlesung nutzten die Vortragenden den Übertragungsmodus des Audiotools ``Mike mutes net''. Dies hatte zur Folge, daß eine Tonübertragung aus den anderen Standorten nur möglich war, wenn das Audiotool in Freiburg deaktiviert wurde. Mit zunehmender Sensibilität für die Bedeutung der Einstellung des Audiotools haben wir in der zweiten Hälfte der Vorlesung mit der Einstellung ``Net mutes Mik'' experimentiert, bei der bei aktivem Audiotool in Redepausen des Sprechers Ton von den andern Standorten übertragen wird.

[17] Diese Idee verdanken wir unserem Kollegen Frank Schiele (Universität Stuttgart).

[18] So entzündete sich beispielsweise an einer Übungsaufgabe eine sehr kontrovers verlaufende Diskussion zwischen den Studierenden in Konstanz und Ulm auf der einen Seite und Freiburg auf der anderen über die Rolle, die „Informatik und Gesellschaft“-Veranstaltungen im Informatik-Curriculum einnehmen sollten.

[19] Die Studierenden schlugen in der Abschlußdiskussion wiederholte Vorstellungsrunden und ein gemeinsames Treffen aller Teilnehmer nach etwa einem Drittel des Semesters vor. Es wurde aber kontrovers diskutiert, ob dafür hinreichend zeitliche - insbesondere bei den lokalen Betreuern - und finanzielle Resourcen zur Verfügung stünden. Ein weiterer Ansatz, dieses Problem zu lindern, könnte darin bestehen, daß die Teilnehmer Homepages im WWW ablegen und auf diese von einer gemeinsamen Seite aus zugegriffen werden kann. Letztere Idee verdanken wir Matthias Krings (Universität Bonn).

[20] Diese Idee verdanken wir Christoph Kuhmünch (Universität Mannheim) und Annegret Liebers (Universität Konstanz).

[21] Wir haben in den Veranstaltungen versucht, hierfür das Telefon zu nutzen. Allerdings waren nicht alle Vorlesungsräume mit einem Telefonanschluß ausgestattet. Dort, wo ein Anschluß vorhanden war, konnten in der Regel keine Telefonate außerhalb des Hochschulnetzes geführt werden. Dies führte zu erheblichen Kommunikationsproblemen bei Störungen im m-bone Netz.

[22] Die Root-Rechte sind nicht notwendig, wenn die zuständigen Systemadministratoren während der Vorlesung leicht erreichbar wären. Technische Störungen der Übertragungsstrecke können damit allerdings nicht behoben werden (siehe Vorfall am 30.4.).

[23] So ist es beispielsweise auch erforderlich, daß die Systemadministratoren in den verschiedenen Subnetzen von Wartungsarbeiten während der Veranstaltungen absehen. Da die früheren Morgenstunden von den Administratoren häufig für diese Arbeiten genutzt werden, bedeutet ein solcher Verzicht in jedem Fall ein Zugeständnis dieser Akteure. Bei häufiger stattfindenden Telelehrveranstaltungen ergäben sich aus dieser Tatsache erhebliche Probleme.

[24] Aus diesem Grund erwies sich das Starten des Anwendungspakets während des ganzen Semesters als eine zeitaufwendige und fehleranfällige Tätigkeit.

[25] So betätigte einer der Vortragenden während einer Vorlesung versehentlich den ``Quit'' Button des Whiteboards, worauf die Anwenung neu gestartet und die Folien neu geladen werden mußten. Daraus resultierte eine zwei-minütige Unterbrechung der Vorlesung. Durch die inkonsistente Gestaltung der Oberfläche des Audiotools hatte einer der Vortragenden während der ersten Veranstaltungstermine Schwierigkeiten, den Audiokanal zu aktivieren. Das führte dazu, daß Teile seiner verbalen Ausführungen nicht übertragen wurden.

[26] So waren beispielsweise mehrere nach Ende der Veranstaltungen mit interessierten Betreuern durchgeführte Versuche notwendig, um die Bedeutung der drei verschiedenen Übertragungsmodi des Audiotools zu erhellen. Erst danach war es möglich, mit neuen Einstellungen an den verschiedenen Standorten zu experimentieren, um den Studierenden bessere Möglichkeiten zur Interaktion mit dem Vortragenden zu geben.

[27] Eine einfache Version eines solchen Tools haben Eckert, Geyer und Effelsberg (1997) mit der ``Hands-up''- Anwendung implementiert.

[28] So führte in einer Vorlesung die durch eine nicht erwartete Sitzordung der Studierenden ausgelöste Positionsveränderung des Vortagenden dazu, daß während längerer Zeit lediglich ein ``leeres'' Bild übertragen wurde. Der Dozent nahm seinen ``Positionsfehler'' nicht wahr, weil das das eigene Kamerabild anzeigende Fenster an seinem Bildschirm von anderen Fenstern verdeckt war.

[29] Die Idee, semipermeable Projektionsflächen zu nutzen und die Kamera dahinter zu plazieren, wurde von Okada u.a. (1994) entwickelt, um in Videokonferenzen Augenkontakt zwischen den Kommunizierenden zu ermöglichen.

[30] Zu den Rahmenbedingungen der Veranstaltungen zählt auch die Tatsache, daß die Landesregierung Baden- Württembergs ein hochdotiertes Förderprogramm im Bereich des Telelearnings an Hochschulen ausgeschrieben hatte, dessen Beantragungsdeadline auf das Ende unserer Veranstaltungsreihe fiel.